Politische Berichte Nr.02/2024 (PDF)31a
Solidarisches Europa

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Equal Pay Day – Gewerkschaften und Fraueninitiativen gegen Lohnlücke – EU-Richtlinie verpflichtet Mitgliedstaaten zum Handeln

Michael Juretzek, Bremen

Der Equal Pay Day fällt in jedem Land auf den Tag, bis zu dem Frauen über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um auf den Jahreslohn ihrer männlichen Kollegen zu kommen. Durch das Tragen roter Kleidung, Einkaufen mit roten Taschen und Hissen roter Fahnen wird auf die Lohnlücke hingewiesen. In Deutschland fiel dieser Tag auf den 6. März. Mit 18% weist die europäisch stärkste Wirtschaft die viertgrößte Geschlechterlohnlücke (Gender Pay Gap) in der EU aus, nur noch übertroffen durch Tschechien, Österreich und Estland (EU-weit 12,7%). In seiner Mitteilung zum Equal Pay Day 2023 verortet der DGB die Hauptursachen dafür in Minijobs, befristeten Verträgen, mangelnder Tarifbindung und Teilzeit. Neun Millionen, jede zweite erwerbstätige Frau, arbeiten in Teilzeit und stellen 71% der Teilzeitbeschäftigten. Im Alter nehmen die Unterschiede noch zu: Die Durchschnittsrente von Frauen ist um 30% niedriger als die der Männer. Rechnet man die Witwenrente raus, liegt die Rentenlücke bei 43%. Die European Women´s Lobby, Dachverband von mehr als 2000 Organisationen, sieht darin ein klares Zeichen der „Feminisierung der Armut“.

Im Januar erklärten die DGB-Frauen: „Die hohe Entgeltlücke ist ein eklatantes Gerechtigkeitsproblem“. Sie fordern:

• Aufwertung von frauendominierten Berufen

• Reform der Minijobs

• Tarifbindung stärken

• Entgelttransparenzgesetz auf mehr Unternehmen ausweiten.

Das 2017 vom Bundestag beschlossene Entgelttransparenzgesetz (EtG) zielt auf das „Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ (§ 1). Der Weg von Vermutung zu streitbarer Gewissheit führt über Tatsachenwissen. Auskunftsansprüche der Beschäftigten, Berichtspflicht des Betriebes und Sanktionsmöglichkeiten sind wichtig. In allen Punkten fällt das EtG weit hinter die Empfehlungen der EU-Kommission von 2014 (2014/124/EU) zurück. Ein Recht auf Information haben nur Beschäftigte in Betrieben über 200 Mitarbeiter (§ 10). Da Zweidrittel der Frauen in Klein- und Mittelbetrieben arbeiten, forderte der DGB schon 2022 die Ausweitung auf alle Beschäftigten. Berichtspflichtig sind nur Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigte (§ 17); EU-Empfehlung: 50. Das Gesetz „hat in der ursprünglichen Form nicht die beabsichtigte Wirkung entfaltet“, urteilt der DGB in seinem Beitrag „Der Gender Pay Gap im europäischen Vergleich“. Die in über 100 Ländern aktive Initiative „equal pay day“ bemängelt die „fehlende Transparenz in Bezug auf Löhne und Gehälter“, so „können Betroffene häufig weder feststellen noch beweisen, dass sie unfair entlohnt werden“. (www.equalpay.wiki/Hauptseite)

Viele Kritiken und Forderungen von Gewerkschaften und Initiativen hat Brüssel 2023 in die Richtlinie zu Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen (2023/970/EU) aufgenommen. Auskunftsrecht für alle Arbeitnehmer (mind. ab 50 Beschäftigte), Berichtspflicht für alle Betriebe ab 100 Beschäftigte, Verpflichtung zur Abhilfe bei Verstößen, Klagerecht von Betroffenen, Arbeitnehmervertretern und Gleichstellungsstellen und Sanktionsmöglichkeiten. Bis Juni 2026 haben die Mitgliedstaaten Zeit zur Umsetzung in nationales Recht. Eine gründliche Reform des Entgelttransparenzgesetzes steht an.

Abb: Quelle: frauen.dgb.de